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Bewegte Husumer Kinogeschichte

Das Husumer Kino-Center ist eng verbunden mit dem Namen Hartung. Die Familie, hat einen wesentlichen Anteil an der jahrzehntelangen Kinogeschichte der Stadt. Deshalb haben die Hartungs viel zu erzählen. Sie tun das an dieser Stelle in „Hartungs Kinogeschichten“ – Lesen Sie hier den zweiten Teil!

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Ungeachtet von Video und Streaming-Diensten – ein Kinobesuch ist für viele Menschen nach wie vor ein besonderes Erlebnis. Während in Husum dafür heute das Kino-Center auf der Oberen Neustadt einzige Anlaufstelle ist, blickt die Nordseestadt auf eine bewegte Kinogeschichte zurück. Einer, der diese mehr als 70 Jahre lang hautnah begleitet und mitgestaltet hat, ist Hans-Lorenz Hartung, der langjährige Betreiber eben jenes Kino-Centers. Und was er selbst nicht erlebt hat, hat der historisch interessierte Autor Jürgen Dietrich recherchiert und in dem Heft „Husums Kinogeschichte“ aufgeschrieben.

Schauen wir also, was die Kinojahre vor der Zeit angeht, als Hans-Lorenz Hartung in den 1950er Jahren in die Ereignisse einstieg, zunächst in diese Publikation. Danach gilt als „Geburtsstunde“ des Kinos generell der 28. Dezember 1895, als die Brüder Louis und Auguste Lumiére in einem Pariser Café „mit dem von ihnen erfundenen Kinematographen ‚lebende Bilder’“ zeigten. Waren Kino- zunächst Wanderunternehmer, entstanden nach der Jahrhundertwende, mit steigender Qualität der Filme und wachsendem Publikumsinteresse, erste feste Filmtheater.

Und bereits hier kommt Husum ins Spiel: Schon 1909 und damit voll auf der Höhe der Zeit richtete ein gewisser Asmus Callsen in seiner Gastwirtschaft Centralhalle im Stadtzentrum ein „ständiges Theater lebender Photographien“ ein, schreibt Jürgen Dietrich. Im selben Jahr öffnete in der Großstraße mit dem Kino-Salon ein zweites Haus, 1914, ein drittes mit dem Namen Universal-Theater, ebenfalls in der Großstraße.

Das Geschehen in den darauf folgenden Jahren ist wechselhaft, Häuser werden gegründet oder umbenannt, Betreiber übernehmen, arbeiten zusammen und trennen ihre Geschäfte wieder. Als „bedeutsames Jahr“ für die Kinogeschichte Husums nennt Jürgen Dietrich 1919, als die Centralhalle in einen reinen Kinobetrieb umgebaut wird, der, so der Chronist, „dem Vergleich mit einem Großstadtkino standhielt“. Ein weiteres wichtiges Ereignis dann 1930, als das Universal-Theater zum ersten Mal einen Tonfilm zeigt.

Die Obere Neustadt spielt erstmals eine Rolle, als 1950 das Capitol am Standort des heutigen Kino-Centers (Haus Nr. 114) gegründet wird, im ehemaligen Hotel Schumann. Ein Jahr danach dann die Eröffnung des Hauses, durch das die Familie Hartung schließlich auf der Bildfläche erscheint: des Gloria Filmtheaters in der Wilhelmstraße 10 in Rödemis, genau gegenüber der damaligen Hartungschen Wohnung gelegen.

Hans-Lorenz war damals elf Jahre alt, seine Mutter Karoline eine begeisterte Kinogängerin. Später arbeitete sie dort an der Kasse, 1962 übernahm sier das Gloria – und acht Jahre später, nach Bundeswehr und einer Ausbildung als Rechtsanwaltsgehilfe, Hans-Lorenz gemeinsam mit seiner Frau Sigrid. Wie er, pflegte auch sie eine große Passion für das bewegte Bild. Im Betrieb mitgearbeitet hatten beide schon vor der Übernahme, sie als Filmvorführerin, er als Geschäftsführer.

Das alles zu einem Zeitpunkt, zu dem „kein Mensch einen Pfifferling auf das Kino gab“, wie Hartung es ausdrückt. Denn in Husum, wie anderswo, hatte dieses seine Blütezeit in den 1950er Jahren erlebt. Fünf Filmtheater gab es, nach der Eröffnung des Stadt-Theaters im Jahr 1953, damals in der Stadt. Letzteres lag in der Nordbahnhofstraße (damals noch Bahnhofstraße) Nr. 27, in den umgebauten Räumen eines als „Hensen’s Garten“ bekannten Lokals. Heute steht dort das Hochhaus.

Für viele Husumerinnen und Husumer in jener Zeit war das Stadt-Theater eine beliebte Adresse, denn es war mehr als ein Kino: Es gab auch Theatervorführungen, ein Cafe’/Restaurant, eine Bar namens Club Royal, Livemusik ... Dann der  26. Januar 1969: Der Club Royal brannte nieder.1970 wurde der gesamte Gebäudekomplex abgerissen. Vorher aber sicherte sich Hans-Lorenz Hartung noch die Projektoren aus dem Vorführraum: „Die habe ich günstig erworben und im Gloria eingesetzt“, erinnert er sich.

1977 schreiben Sigrid und Hans-Lorenz Hartung ihre Unternehmerlaufbahn fort. Sie glauben an die Kinokultur, lassen das Gloria modernisieren, erwerben das Capitol auf der Neustadt und zwei Jahre später die Kammerlichtspiele (ehemals Universal-Theater) in Pacht – letzteres allerdings nur für kurze Zeit. 1996 schließt das Gloria seine Pforten – die Hartungs setzen nun ganz auf den Standort Neustadt 114.

Wie es dort weiterging mit der Entwicklung von einem bis zu heute acht Kinosälen und 1.148 Plätzen, mit laufend erneuerter Technik und Ausstattung sowie Projekten wie den Husumer Filmtagen – das aufzuzählen, würde hier den Platz sprengen. Nachzulesen ist es auf der Website des Kino-Centers: https://kino-center-husum.de/mehr/history

Text: Heike Wells

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