Der Beirat „begleitet alle Projekte und Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Städtebauförderungsprogramm ‚Sozialer Zusammenhalt‘ in der Oberen Neustadt umgesetzt werden“, so die Kurzbeschreibung der Aufgaben des Gremiums. Aber was heißt das genau und wie blickt der Beiratsvorsitzende – der selbst nicht hier wohnt – auf das Quartier? Ein Interview mit Olaf Henschen.
Herr Henschen, Sie sind als Vertreter der WohnECK NF in den Beirat gekommen. Was macht diese gemeinnützige GmbH eigentlich?
Im Auftrag der Kreise Nordfriesland und Schleswig-Flensburg kümmern wir uns um Menschen, die Schwierigkeiten haben, selbstständig eine Wohnung zu finden. Die Gründe sind vielfältig, etwa psychische oder Suchtprobleme, Job- oder Wohnungsverlust, Krankheit, familiäre Krisen, fehlende Sprachkenntnisse und, und, und.
Etwa 35 Prozent unseres Klientels sind Migrantinnen und Migranten, etwa 30 Prozent kommen durch die Eingliederungshilfe zu uns, die anderen aus ganz verschiedenen Gründen. Unter dem Motto „sozial mieten und vermieten“ verstehen wir uns als Vermittler zwischen ihnen und den Vermietern. Wir mieten selbst Wohnraum an und vermitteln diesen weiter; wir beraten und sind für beide Seiten Ansprechpartner für alle Fragen rund um das Mietverhältnis.
Was hat Sie persönlich bewogen, sich im Beirat zu engagieren?
Man könnte sagen, ich bin in das Gremium gekommen wie die Jungfrau zum Kinde. Es wurde jemand gesucht, der die im Quartier aktiven sozialen Einrichtungen im Beirat vertritt. Na ja, und so wurde halt ich gefragt …
Welche Aufgaben hat der Beirat und wie setzt er sich zusammen?
Unsere Aufgabe ist es, die Entwicklung der Oberen Neustadt beratend zu begleiten, gewissermaßen als Sprachrohr für alle Interessensgruppen: Bewohnerinnen und Bewohner, Gewerbetreibende, soziale Einrichtungen, der Immobilienbereich – sie alle sind in dem Gremium vertreten. Über die Vergabe von Mitteln für kleinere Projekte hinaus hat der Beirat allerdings keine Entscheidungsbefugnis, was die größeren Maßnahmen angeht. Die liegt bei der Stadtvertretung.
Wie nehmen Sie selbst das Quartier Obere Neustadt wahr, was gefällt Ihnen und wo sehen Sie dringenden Handlungsbedarf?
Ich finde die Obere Neustadt charmant. Ich bin ein großer Freund von Durchmischung in Wohnquartieren, die finde ich hier vor. Altes hat immer Charme, gleichzeitig bewegen wir uns in dem Spannungsfeld, dieses zu erhalten und mit modernen Mitteln weiterzuentwickeln.
Ich sehe da viel Potenzial, wobei der Altbestand mit dem Blick auf notwendige Sanierungen – Stichwort Energieverbrauch – durchaus eine Herausforderung darstellt. Leerstandsmanagement, Gewerbeansiedlung, Erhöhung der Aufenthaltsqualität auch abends sind aus meiner Sicht weitere Stichworte.
Am dringlichsten muss etwas getan werden im Bereich Infrastruktur, etwa bei der Steuerung der Verkehrsströme. Mit dem Mobilitätskonzept sind wir da, unter aktiver Beteiligung der hier lebenden Menschen, zum Glück auf einem guten Weg.
Was möchten Sie sonst noch loswerden?
Ich möchte betonen, wie viel Spaß ich daran habe, die Entwicklung des Quartiers zu begleiten. Ich lebe ja selbst nicht hier und schaue darum mit gewissermaßen unvoreingenommenen Blick auf die Entwicklung. Das kann durchaus hilfreich sein.
Dabei sind mir sachliche Zusammenarbeit, offener Austausch, Ausgleich, Ausgewogenheit wichtig. Denn die Interessen der einzelnen Gruppen können durchaus unterschiedlich sein. Wir werden also nicht umhinkommen, Kompromisse zu finden, mit denen dann – hoffentlich – alle zu leben bereit sind.
Olaf Henschen ist von Haus aus Banker und Betriebswirt, hat einige Jahre als Unternehmensberater und in der Immobilienwirtschaft gearbeitet und ist seit 2019 Geschäftsführer der WohnECK NF. Das Team der gemeinnützigen GmbH besteht aus sieben Beschäftigten. Gesellschafter sind acht Leistungserbringer aus dem sozialen Bereich. Die Geschäftsräume der WohnECK befinden sich bis zur Fertigstellung des Anbaus am Husumer Kreishaus auf der Rödemishallig.
Interview und Foto: Heike Wells