Für so manchen im Quartier Obere Neustadt heißt es nur „das Hochhaus“, und nicht wenige der Alteingesessenen mögen das Haus Nordbahnhofstraße 27. schon wegen seiner alle anderen Gebäude überragenden Höhe, als eine Art Fremdkörper empfinden. Für seine Bewohnerinnen und Bewohner allerdings ist es ein zentrumsnah gelegenes Zuhause, „und manche nennen es ‚unser Dorf’“. Das sagt Karl-Peter Kööp, der seit mehr als 20 Jahren „im Hochhaus“ lebt und dort als Beirat Ansprechpartner für die Eigentümer der 50 Wohnungen ist.
„Ich wohne gern hier, wenn ich rausschaue, sehe ich viel Grün“, sagt der 1951 geborene Nordfriese, dessen Gesicht aus dem Stadtbild bekannt ist, auch im Quartier. Denn als Stadtführer geleitet er Gruppen durch Husum und auch hinein in den südlichen Bereich der Oberen Neustadt, unter anderem über den Westfriedhof. Dieser und die drei anderen historischen Friedhöfe (Marktplatz, am Kloster und hinter dem Torhaus) bilden auch die Anlaufstellen eines neuen Rundgangs mit dem Titel „Gräber, Geister, Grüfte – Husumer Friedhofsgeschichten“, die Karl-Peter Kööp gemeinsam mit seiner Stadtführerkollegin Ingrid Schacht entwickelt hat.
Dank ergiebiger Quellen unter anderem des Husumer Historikers Klaus Schumacher haben die beiden einen bunten Strauß interessanter Details über diesen kleinen Neustadt-Friedhof zusammengestellt. Etwa, dass hier seit dessen Gründung im Jahr 1573 mehr Menschen begraben wurden als Husum heute Einwohner hat – das sind gut 22.000. Und selbstredend die Standorte der Gräber bekannter Persönlichkeiten der Stadt, von Familienangehörigen des Dichters Theodor Storm bis zur letzten Husumer Stadtbäuerin Anneline Petersen, genannt Stine Mett, die 1994 verstorben ist und deren Hof im Stadtweg in der Nacht nach ihrer Trauerfeier bis auf die Grundmauern niederbrannte.
Solch historische Details faszinieren den Wahlhusumer, der selbst auf dem Dorf, genauer im nordfriesischen Vollstedt, aufgewachsen und „eigentlich“ von Beruf Lehrer ist. Die meiste Zeit seines Arbeitslebens war er allerdings als Dozent in der Erwachsenenbildung tätig und hat sich im Vorruhestand seinen „dritten Beruf“ erschlossen, wie er selbst es formuliert: den des Husumer Stadtführers.
Den kann er, wenn erwünscht, auch auf Plattdeutsch ausüben – schließlich ist das seine Heimatsprache. Die pflegt er bis heute aktiv und gern, etwa beim Schreiben plattdeutscher Geschichten (eine davon NDR-prämiert) und bei gemeinsamen Auftritten mit seiner „Sandkastenfreundin“ Inge Lorenzen. „Sie singt, ich lese“, fasst Kööp zusammen, und ergänzt augenzwinkernd „... natürlich alles auf Plattdeutsch“.
Start für die erste Stadtführung mit dem Titel „Gräber, Geister, Grüfte – Husumer Friedhofsgeschichten“ ist am 26. Oktober. Infos und weitere Termine unter https://www.husum-tourismus.de/Media/Veranstaltungen
Text: Heike Wells